Berthold Steinhilber Photography

Chevrolet Coupe in the Ghost Town Bodie in California

Ghost Towns of the American West

Raus hier, das Glück liegt anderswo

Fotografien aus dem Buch „Geisterstädte in Amerikas Westen“ mit einem wunderbaren Vorwort von Wim Wenders. Die verlassenen Western- und Bergarbeiterstädte hinterließen mit die eindrucksvollsten Spuren in der Besiedelung des Amerikanischen Westen.

Ghost Towns – im weiteren Sinne versteht man darunter jede Form, die auch nur annähernd an eine Siedlung oder ein Haus erinnert und Geschichte atmet – jeder Steinhaufen, jede windschiefe Hütte oder noch bewohnte Orte werden da schnell zu Geisterstädten erklärt. Das irritiert. Mit der Zeit aber versteht man, schätzt auch diesen ungewohnten Umgang mit der Geschichte. Schließlich ist keiner der Orte älter als 150 Jahre, keiner war länger als 100 Jahre bewohnt. Der Zwang, den Wohnort zu wechseln, Haus und Hof zu verlassen und anderswo neu zu beginnen, war ungleich größer als in Europa. Traditionen und Lebensweisen hatten deshalb auch eine viel kürzere Lebensdauer.

Nahezu alle Ghost Towns sind aufgegebene Bergarbeiter- und Westernstädte. Das Schicksal dieser Städte hing eng zusammen mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Minen. Waren die Bodenschätze erschöpft, wurde der Ort aufgegeben und die Menschen verließen den Ort. Eindrucksvolles Beispiel ist das Schicksal der Stadt Rhyolite in der Nähe des Death Valley in Nevada. Es ist die Geschichte einer klassischen Boomtown. Nachdem zwei Goldgräber in der Wüste auf ein großes Goldvorkommen gestoßen waren, verriet einer der beiden im Whiskeyrausch den Fundort und binnen weniger Wochen entstand aus einem notdürftigen Camp die Stadt Rhyolite. Nach drei Jahren lebten über Zehntausend Menschen in der Stadt. Als wenige Jahre später die Erzvorkommen erschöpft waren, begann der Exodus.
Raus hier, das Glück liegt anderswo – die Menschen packten all ihr Habe und nahmen ihre Häuser gleich mit, denn Holz war rar und teuer. Heute steht nur noch das Betonskelett der Bank und des Schulhauses in der Wüste.

Die vergebliche Suche nach Bodenschätzen und Reichtum kennt viele Geschichten und an jedem Ort begegnet man ihnen. Es gibt eine besondere Stadt, deren Geschichten aber unerschöpflich sind: Bodie. Viele Häuser sind noch in dem Zustand erhalten, wie die Bewohner sie zurückgelassen haben. Staub bedeckt die Tische und Karten im Saloon, Brillen liegen auf Büchern, als wären die Bewohner erst gestern gegangen.
Warum einige der Orte als Ghost Towns überlebt haben, ist oft ihren letzten Bewohnern zu verdanken, die sich um die Hinterlassenschaft der Stadt kümmerten. In Bodie kaufte einer der verbliebenen Bewohner Haus für Haus und schützte sie vor dem Verfall, in Gold Point bewahrte Ora Mae Wiley ihre Geschichten.

Die Bilder der 19 Ghost Towns entstanden für das Smithsonian Magazine und das Buch in den westlichen US-Bundesstaaten Kalifornien, Nevada, Utah, Colorado, Arizona und New Mexico.

Wheaton & Hollis Hotel in the ghost town Bodie in California.

Wheaton & Hollis Hotel, Bodie, Kalifornien

Das Hotel liegt an der Ecke Main Street /Green Street.

Chevrolet Coupe in the Ghosttown Bodie

Chevrolet Coupé, Bodie, Kalifornien

Der Brand von 1932 zerstörte den Großteil der Häuser in Bodie. Auch die Wiederbelebung der stillgelegten Goldmine brachte keinen neuen Aufschwung. Bodie wurde zur Geisterstadt.

Ore lading station in the Ghost town Alley Belle Mine in Colorado

Alley Belle Mine, Colorado

Anfang des 20. Jahrhunderts führte die Eisenbahnlinie der Denver, South Park & Pacific Railway noch über die Rocky Mountains. Das Erz aus der Alley Belle Mine wurde hier in die Zugwaggons verladen und zur Weiterverarbeitung in das Tal gebracht.
Um 1880 waren die Berge um den Chalk Creek Canyon gespickt mit Minen und sämtliche Wälder der Umgebung waren abgeholzt. Nach dem Abbau der Gleise 1926 wurde die Mine und die nahegelegene Bergarbeiterstadt Hancock verlassen. Durch die vielen Schneelawinen und Erdrutsche verfielen die Gebäude und heute sind nur noch spärliche Überreste in den nachgewachsenen Wälder zu finden.

Sheep Mountain Tunnel Mill in the ghost town Crystal in Colorado

Sheep Mountain Tunnel Mill, Crystal, Colorado

In den 1890er Jahren wurde in den Rocky Mountains am Crystal River Silber entdeckt. Der Abbau in dem unwegsamen Gebiet war äußerst schwierig. Bergbaugerät musste herbeigeschafft werden. 1892 wurde eine kleine Wasserkraftanlage gebaut, mit dem die Luftkompressoren für die Bohrer in den nahegelegenen Minen angetrieben wurden.

Gas station in ghost town Cordes in Arizona

Tankstelle, Cordes, Arizona

John Henry eröffnete in den 1930er Jahren die Tankstelle samt Laden und Restaurant am Highway zwischen Prescott und Phoenix. Es war damals die einzige Tankstelle in der ganzen Gegend und somit wichtiger Versorgungspunkt.
Als Anfang 1960 der neue Highway zwischen Prescott und Phoenix 20 Meilen weiter entfernt gebaut wurde, musste die Tankstelle aufgegeben werden. Heute steht die verlassene Tankstelle und der Laden an einer staubigen Piste in der weiten Ebene bei Cordes.

Swazey Hotel in the ghost town Bodie in California

Swazey Hotel, Bodie, Kalifornien.

Alles begann mit der Geschichte von William Waterman S. Body. Als der Goldrausch in der Sierra Nevada allmählich abflaute, überquerte Body die Berge, um auf der Ostseite des Gebirges nach Bodenschätzen zu graben. Gegen Ende des Jahres 1859, als er auf der Jagd einen Hasen aus seiner Höhle ausgraben wollte, stieß er am Bodie Bluff auf eine der wertvollsten Goldadern Kaliforniens. Sein Glück währte allerdings nur kurz – er erfror im Winter 1859/1860 auf dem Rückweg zu seiner Hütte. Als sich das Schürfercamp langsam zur Stadt entwickelte, nannte man es nach dem verstorbenen Goldgräber Bodie.

Piano in the Sam Leon Bar in the ghost town Bodie in California

Piano, Sam Leon Bar, Bodie

Piano in der Sam Leon Bar. Das Unterhaltungsangebot in der Stadt beschränkte sich nicht allein auf Spielhöllen und Bars, doch die Anzahl der Saloons galt als Indikator für den Reichtum einer Stadt. Über 60 soll es in Bodie gegeben haben.
Seit 1962 unterliegen die Häuser und Interieurs in Bodie einem besonderen Schutz. Es herrscht ein Zustand von „arrested decay“ – von kontrolliertem Verfall, der ohne menschliches Zutun vonstattengehen soll. Nur die Zeit darf die Gegenstände verändern, restauriert wird nichts.

Faro gambling table in the Sam Leon Bar in the ghost town Bodie in California
Roulette table in the Sam Leon Bar in the ghost town Bodie in California
Roulette table in the Sam Leon Bar in the ghost town Bodie in California
Abakus on the Faro gambling table in the Sam Leon Bar in the ghost town Bodie in California
Dust and things in the barber shop in the ghost town Bodie in California
Glasses on a book in the Boone Store and Warehouse in the ghost town Bodie in California

„Berthold Steinhilber hat keine Geisterstädte fotografiert. Er hat den Geist dieser Städte erfasst. Orte und Dinge sind zäh.
Nur wir glauben, sie könnten ohne uns nicht sein. Aber so schnell geben sie ihren Geist nicht auf…“

Wim Wenders im Vorwort zu meinem Buch
The sign Please do not ask for credit in the Boone Store and Warehouse in the ghost town Bodie in California
Razor in the shop window of Boone Store and Warehouse in the ghost town Bodie in California
Chair in the barber shop in the ghost town Bodie in California
Lottie Johl house in the ghost town Bodie in California
Boone Store & Warehouse in the ghost town Bodie in California
Oven with irons of the chinese laundry in the ghost town Bodie in California

„In dieser angehaltenen Zeit, diesem märchenhaften Wunschmoment zwischen gestern und morgen, sieht man die Geisterstädte in einem neuen Licht, nicht mehr in Bezug auf die Menschen, die einmal hier gelebt und gearbeitet haben, geboren und gestorben sind, sondern einzig und allein in ihrer eigenen Vergessenheit.“

Wim Wenders im Vorwort zu meinem Buch
Commodore Mine in Creede in Colorado

Commodore Mine, Creede, Colorado

In den Anfangsjahren hielten von Maultieren gezogene Erzwagen vor den Verladeschütten der Commodore Mine. Sie brachten das Erz über die steilen Straßen zur Weiterverarbeitung ins Tal. Von 1891 bis 1976 war die Mine in Betrieb und gehörte zu den größten Silberminen der Welt.

Ghost town St. Elmo in Colorado

St. Elmo, Colorado

Das Home Comfort Hotel aus der Gründungszeit wurde 1885 gebaut und war Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in St. Elmo. 1909 wurde darin auch der Stark Brothers Mercantile eröffnet, ein Gemischtwarenladen mit Post- und Telegraphenamt und einem großen Lager für den Bedarf der Goldgräber. Als dieser 1958 schloß, wurde auch St. Elmo allmählich zur Ghost Town.
Wie ich erfahren habe, ist sie heute teilweise wieder bewohnt, da viele Touristen St. Elmo besuchen, weil die umliegenden alten Minenstraßen mittlerweile als Offroad Trails genutzt werden können.

Ghost town Massicks in Arizona.

Massicks, Arizona

Ein Sturm zieht über das Prescott Valley, wo noch der Kamin und ein alter Planwagen an den Ort Massicks erinnern. Ende des 19. Jahrhundert suchten Goldgräber am Flussufer nach dem leicht abbaubaren Seifen- oder Waschgold, das ohne kostspieliges Gerät gewonnen werden konnte.
Das in den Sand- und Kiesablagerungen vorhandene Gold war bald ausgewaschen und umfangreichere Investitionen waren erforderlich, als der Wasserlauf freigelegt werden sollte. In Massicks wurden mehrere Hügel entlang des Flusses mit unter Hochdruck stehenden Wasserstrahlen abgetragen – die Erträge waren aber zu gering, um die Arbeiter langfristig an den Ort zu binden. In den 1930er Jahren wurden die Arbeiten eingestellt.

Ghost Town Berlin, mining village in Nevada

Berlin, Nevada

Berlin wurde 1897 gegründet und hatte nie mehr als 300 Einwohner – vornehmlich Männer. 1850 ergab eine Volksbefragung in Kalifornien, dass knapp 8 % der Bevölkerung weiblich war. In Bergarbeiterlagern wie Berlin war der Prozentsatz noch viel niedriger. Die Gegenwart von Frauen bestimmte oft den Unterschied zwischen einem kurzlebigen Schürfercamp und einer dauerhaften Stadt. 1947 war Berlin zur Geisterstadt geworden.

Abandoned schoolhouse in the ghost town of Widtsoe Junction in Utah.
Ghost town Steins in Arizona
Abandoned house of Austin Crawford in the ghost town Chloride in New Mexico
Methodist church in the ghost town of Bodie in California
Wagons in the ghost town Bodie in California
Abandoned house in the ghost town of Widtsoe Junction in Utah.

„Vielleicht haben wir nur vergessen, dass Geduld durchaus noch ein heutiges Mittel ist. Und dass die Fotografie nach wie vor alles kann, was sie damals erfunden hat, und immer noch Orte so aufnehmen kann, aufnehmen auch in dem schönen deutschen Doppelsinn, als Gastfreundschaft …, als seien sie noch nie vorher »festgehalten« worden…“

Wim Wenders im Vorwort zu meinem Buch
Ghost Town Johnson in Utah

Johnson, Utah.

Aus den Hütten der verlassenen Stadt Johnson entwickelte sich in den frühen 1950er Jahren ein Movie-Set. Im Johnson Canyon entstanden viele frühe US-Western und die Fernsehserie „Gun Smoke –  Rauchende Colts“. Mittelpunkt der Serie war der Longbranch Saloon von Miss Kitty (links).

Ghost town Stumptown in Colorado

Stumptown, Colorado.

Eine Schlucht im Mosquito Range war 1860 Schauplatz einer wilden Jagd nach Gold. Zwei Jahre später waren die Goldvorräte in der California Gulch erschöpft und die Goldschürfer verließen den Ort. Als der Goldgräber Will Stevens dreizehn Jahre später in den verlassenen Minen Silber fand, begann ein erneuter Sturm auf das Tal in den Rocky Mountains.
Die Stadt Leadville und kleinere Orte wie Stumptown wurden gegründet. Als auch der Silberboom zurückging, stieß man auf andere Minerale wie Kupfer und Zink, deren Bedarf für industrielle Zwecke ständig zunahm. Viele der kleinen Orte wurden in den 30er Jahren aufgegeben und die Bevölkerung zog in die nah gelegene Stadt Leadville. Seither verfallen die Siedlungen und Minenanlagen. Beeindruckend ist das Schicksal des Ortes Stumptown, der langsam im Sumpf der Berge versinkt.

Dodge Graham truck in the ghost town Bodie in California

Bodie, Kalifornien

Tankstelle mit dem Dodge Graham Truck an der Main Street.

Dunfee Mine in Gold Point Nevada

Dunfee Mine, Gold Point, Nevada.

Die Dunfee Mine wurde 1960 mit allen anderen Goldminen in Gold Point aufgegeben. Angefangen hatte es aber schon in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, als Silber gefunden wurde. Rasch entstand ein Schürfercamp und später die Stadt Gold Point.
Im Anfang hatten die Schürfer nichts als Gold im Sinn. Es zeigte sich aber, daß es im Westen auch reiche Silbervorkommen gab. Die Suche nach Silber wurde dadurch erschwert, daß sich das Silber sehr leicht mit anderen Mineralen mischte und schwer zu erkennen war. Auch gab es keine einfache Silberprobe, die im freien Gelände leicht durchzuführen gewesen wäre. Üblich war es, das Erz mit Salpeter- und Salzsäure zu prüfen. Nachdem der Silbergehalt bestimmt war, konnte man auf die Menge des Vorkommens schließen. Die Männer waren sich erst dann sicher, wenn ihre Proben von Fachleuten untersucht worden waren. Hinzu kam ein weiteres Problem: Silber kam selten in leicht zu bearbeitenden Oberflächenadern vor, das Erz mußte unter Tage gefördert werden.

Joshua Tree in the Ghost Town Gold Point in Nevada
Post Office in the ghost towns of Gold Point in Nevada
Ghost town Chemung Mine in the Sierra Nevada in Nevada
God is great, sign in the kitchen of a house in the ghost town Steins in Arizona
Office of Ora Mae Wiley in the Post Office of Gold Point in Nevada
Bedroom in the ghost town Steins in Arizona
Bodie, classroom and reading book, schoolhouse
Bodie, classroom, schoolhouse
Bottle collection and american flag in the Gost town of Gold Point In Nevada

„Was habe ich schon für Umwege auf mich genommen, weil auf einer Karte ein Ort aufgeführt war als Ghost Town. Dieser Zusatz, meist in Klammern, hat eine magische Anziehungskraft. Nicht nur auf mich. Wie ein Ruf von Sirenen.“

Wim Wenders im Vorwort zu meinem Buch
Sheep Mountain Tunnel Mill in Crystal in Colorado.

Crystal, Colorado

Sheep Mountain Tunnel Mill. Oberhalb des ehemaligen kleinen Kraftwerk befand sich der Bergarbeiterort Crystal, der nach Stillegung der Mine um 1917 zur Ghost Town wurde. Viele der alten Häuser aber stehen noch und werden von ihren Besitzern gepflegt.

Cook bank builidng in the Ghost Town Rhyolite in Nevada

Rhyolite, Nevada.

Frank „Shorty“ Harris und Eddie Cross stießen 1904 am Rande des Death Valley auf eine reiche Goldader. Binnen drei Jahren stieg die Bevölkerung auf über Zehntausend an. Solide Betonbauten wie das Cook Bank Building entstanden. Doch der Goldboom erwies sich als sehr kurzlebig – 1924 starb der letzte Bewohner von Rhyolite.

Well in the ghost town Bodie in California.

Bodie, Kalifornien

Brunnen neben der Green Street mit der Kulisse der verlassenen Westernstadt.

Ghost town Chemung Mine in the Sierra Nevada in Nevada

Chemung Mine, Nevada

Als um 1860 auch auf der östlichen Seite der Sierra Nevada Gold gefunden wurde, entstanden viele Boomtowns wie Masonic. Anfang des 20. Jahrhunderts fand man
in der Nähe der Chemung Mine nocheinmal Gold, das bis 1938 abgebaut wurde.

Miner's Union Hall in the ghost town of Bodie in California

Miner’s Union Hall, Bodie, Kalifornien

Miners Union Hall in der Main Street. Die Gewerkschaftshalle der Bergarbeiter war wichtiger gesellschaftlicher und kultureller Treffpunkt in Bodie. Hier fanden die großen Feste am Independence Day statt. Rechts das Unternehmen des Leichenbestatters.

„Als Nachbild zu diesem Buch bleibt mir das Gefühl, Bilder von einem anderen Planeten gesehen zu haben, ein bischen wie von der fabelhaften Sonde, die da auf dem Mars gelandet ist und Fotos für uns gemacht hat von einer Wirklichkeit, die ganz ohne uns Menschen existiert, so offensichtlich und erschreckend unabhängig von uns…“

Wim Wenders im Vorwort zu meinem Buch
Cow skull in the Ghost Town Berlin in Nevada.